Haack Weltatlas-Online

Infoblatt Autobahnen in Deutschland


Geschichte des Autobahnbaus, Projekte



Autobahn bei Frankfurt (Flughafen AG, Frankfurt)


Erste regionale Ansätze - die AVUS

Über die ersten Entwürfe und Planungen einer "Autobahn" lässt sich streiten. Das erste Konzept einer Streckenführung mit getrennten mehrstreifigen Fahrbahnen dürfte ursprünglich aus Berlin stammen. Dort wurde durch eine private Gesellschaft ab 1909 die "Automobil-Verkehrs-und-Übungs-Straße", kurz AVUS, errichtet.
Aufgrund des Ersten Weltkrieges konnte diese etwa 10 km lange Versuchsstrecke erst 1921 zur Automobilausstellung fertig gestellt werden. Sie bestand aus zwei breiten und parallelen Fahrbahnen mit Umkehrschlaufen an beiden Enden (Rundkurslänge 19,5 km). Wenn auf dem Gelände keine Testfahrten stattfanden, konnte die Strecke auch von den noch wenigen privaten Autobesitzern gegen eine Mautgebühr benutzt werden. Im Jahre 1940 wurde die AVUS in das "Reichsautobahnnetz" eingebunden und bildet heute die südwestlichste Stadteinfahrt von Berlin.


Konkrete deutschlandweite Ansätze

Am 06. August 1932 eröffnete der damalige Kölner Oberbürgermeister und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer die erste "kreuzungsfreie Straße nur für Kraftfahrzeuge" zwischen Köln und Bonn. Dies widerlegt teilweise den Mythos, dass die Nationalsozialisten das Prinzip der Autobahnen "erfunden" hätten.
Jedoch nahmen die Nationalsozialisten den Autobahnbau konsequent in Angriff. Aber die Pläne, auf die Adolf Hitler zurückgriff, wurden bereits einige Jahre früher von der HaFraBa entwickelt. Dieser Verein war 1926 gegründet worden und hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Schnellstraße von Hamburg über Frankfurt nach Basel zu entwerfen. Ab dem Jahr 1927 beschäftigte sich die Organisation MüLeiBerl mit dem Plan einer durchgehenden Straße von München über Leipzig nach Berlin.
Als Vorbild bei beiden Straßenbauprojekten galt die erste italienische "Autostrada" aus dem Jahr 1924, welche die Stadt Mailand mit den Lombardischen Seen verband.
Von dem Verein HaFraBa wurde auch der heute gebräuchliche Begriff der "Autobahn" (in Analogie zur Eisenbahn) entwickelt, welcher 1929 in Umlauf gebracht wurde und das bis dahin gebräuchliche Wort der "Nur-Autostraße" ablöste.
Erst mit dem Beginn des Projektes zum Bau der "Reichsautobahnen" im Sommer 1933 und der in der Folge damit verbundenen Propaganda wurde der Begriff "Autobahn" mit einem bestimmten Baustandard verknüpft. Die Autobahn galt als Konkurrenz für die Stellung der ohnehin seit der Inflationszeit schwer gebeutelten Reichsbahn.
Die Massenarbeitslosigkeit der Weimarer Republik wurde angeblich auch durch den Autobahnbau abgebaut, was jedoch ebenfalls eher ein Mythos ist. Die Nationalsozialisten trieben zwar den Bau von sog. "Reichsautobahnen" voran, doch der daraus angeblich entstehende volkswirtschaftliche Segen war zum größten Teil nur ein Propaganda-Trick der damaligen Politik. Es wurde in der Öffentlichkeit versprochen, durch den Autobahnausbau mehr als 600.000 der Millionen Arbeitslosen einen Arbeitsplatz zu geben, jedoch waren in diesem Bereich in Wirklichkeit nie mehr als um die 125.000 Menschen gleichzeitig beschäftigt. Und die Beschäftigten mussten teilweise unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten, was eine hohe Anzahl an Erkrankungen bzw. Todesfällen mit sich brachte.
Am 19. Mai 1935 wurde dann das Teilstück einer "Autobahn" (nur dem Automobilverkehr vorbehalten) zwischen Frankfurt und Darmstadt mit einer Länge von 22 km für den Verkehr freigegeben. Im September des folgenden Jahres konnte die Fertigstellung der ersten 1.000 km gefeiert werden, welche sich auf über 25 Streckenabschnitte aufteilten.
Bis Kriegsbeginn sollten 20.000 km Autobahn fertig gestellt sein, jedoch sah die Realität mit etwa 3.800 km im Jahre 1942 anders aus. Dann stellte man den Bau von Autobahnen ein.
Auch der Motorisierungsgrad der deutschen Bevölkerung lag in den 1930er-Jahren im Gegensatz zu den USA und Großbritannien mit einem Prozent sehr niedrig. Daraus folgte, dass die Schnellstraßen in Deutschland wenig genutzt wurden. Auch die Automobile aus dem neu errichteten Werk in Wolfsburg (1935) konnten keinen schnellen Zuwachs auf den Autobahnen generieren, da der Stückpreis des sog. "Volkswagen" für die Bevölkerung einfach noch unerschwinglich hoch lag.


Nachkriegszeit

Bis 1955 war man in der neu geschaffenen Bundesrepublik damit beschäftigt, die durch den Krieg entstandenen Schäden zu beseitigen und die beschädigten Strecken zu reparieren, denn die Betonpisten wurden durch den Vormarsch der Alliierten mit ihrem Kriegsgerät beschädigt sowie die Brücken durch Sprengkommandos der Wehrmacht zerstört, um den Vormarsch der Alliierten zu erschweren. In den folgenden Jahren griff man das ursprüngliche Konzept der Autobahnen jedoch wieder auf.
Autobahnen wurden für die rasant wachsende Wirtschaft immer wichtiger, denn sie schufen direkte und schnelle Verbindungen zwischen den neu entstehenden Wirtschaftszentren in Deutschland. Im Jahre 1959 wurde daher der "Ausbauplan für Bundesfernstraßen" verabschiedet. Ein Ziel dieses Planes war es, dass bis 1970 etwa 2.000 km neuer Bundesautobahnen fertig gestellt sein sollten. Dieses Ziel wurde sogar übertroffen, denn im Jahre 1970 waren insgesamt 4.500 km befahrbar, wenn man die ehemaligen "Reichsautobahnen" dazu addierte. Auch die Popularität der "Volkswagen" nahm rapide zu, sie liefen in großen Stückzahlen vom Wolfsburger Band und erhöhten so den Motorisierungsgrad der deutschen Bevölkerung.


Heutiger Stand

Die Autobahnen wurden in Deutschland kontinuierlich ausgebaut und erreichen heute, zusammen mit den Strecken der ehemaligen DDR, eine Gesamtlänge von 12.819 km (Stand 10.10.2011). Nach der Wiedervereinigung wurde das Programm der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit ins Leben gerufen, wozu auch sieben Straßenprojekte gehören. Durch den Auf- bzw. Ausbau der Straßenverkehrswege in den neuen Bundesländer soll eine Angleichung an das bestehende Netz erfolgen und somit ein wirtschaftlicher Aufschwung erzeugt werden. Verschiedene Projekte sind bereits abgeschlossen (siehe Infoblatt Verkehrsprojekte Deutsche Einheit).
Der Neubau und die Instandhaltung von Autobahnen sind sehr teuer. Der Bund muss derzeit für den Bau von einem Kilometer Autobahn ca. sechs Millionen Euro ausgeben. Um die immensen Ausgaben kontrollieren zu können, stellt der Bund in unregelmäßigen Abständen einen "Bundesverkehrswegeplan" auf.
Unter einer Autobahn versteht man in Deutschland heutzutage eine kreuzungsfreie Straße mit baulich getrennten Richtungsfahrbahnen, wovon jede mindestens zwei Fahrstreifen hat. Auch die Infrastruktur an deutschen Autobahnen hat einen recht hohen Standard erreicht. So liegen in regelmäßigen Abständen Tankstellen und Rasthöfe direkt an der Strecke, aber auch Autohöfe in der näheren Umgebung bieten dem Reisenden eine Fülle an Serviceleistungen. Es ist vorgesehen, etwa alle 10 km eine Zufahrtsmöglichkeit zu haben, um ab- bzw. aufzufahren. Auch die Beschilderung auf Autobahnen hat in Deutschland einen hohen Standard; sie ist standardisiert, einheitlich und leicht verständlich. Ein breiter Seitenstreifen bzw. regelmäßige Nothaltebuchten und ein gut ausgebautes Netz an Notrufsäulen sollen die Gefahren vermindern, die von liegen gebliebenen Fahrzeugen ausgehen.
Zwar ist Deutschland bis heute das einzige Land der Welt, auf dessen Autobahnen kein generelles Tempolimit gilt, jedoch werden 130 km/h als Richtgeschwindigkeit angegeben.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Jan König
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2003/2011
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 28.11.2011